Mittwoch, 31. Oktober 2012

Entscheidungsermüdung - Entscheiden ist anstrengend

Heute werde ich wohl mal zwei Artikel veröffentlichen. Im ersten wird es primär um Entscheidungsermüdung gehen und welche Folgen sich daraus ergeben.
Im zweiten Artikel werde ich Entscheidungsermüdung und persönliche Präferenzen an meinem Erlebten Beispiel des AVBB12 erläutern.

Aber kommen wir mal zum ersten Artikel.
Im Artikel:
"Komplexität und Emergenz - Entscheidungsmüdigkeit, Informations Bias und Mustererkennung"
http://malkurznachgedacht.blogspot.de/2012/10/komplexitat-und-emergenz.html
hatte ich die Entscheidungsermüdung schon mal kurz angerissen.
Und werde sie nun in einem längeren Artikel vertiefen.

Unser Gehirn brauch viel Energie, wenn wir Entscheidungen treffen.
Daher ist es nur logisch, dass sich unser Entscheidungsakku mit der Zeit entlädt und wir dann keine Entscheidungen mehr treffen, sondern nur noch die Defaultvariante wählen. Dies zur Biologie dahinter.
Daraus ergeben sich aber nun interessanteAspekte.

Eine neuere Studie von Roy Baumeister, einem der Führenden Forschern auf dem Gebiet zeigte, dass man diesen Akku mit süßen Snacks wieder aufladen kann.
"Süßer Snack stärkt den Willen"
http://www.shape.de/diaet-und-ernaehrung/lebensmittel/a-32950/suesser-snack-staerkt-den-willen.html
Ist auch logisch, wenn man weiß, dass Glucose sofort Energie für unser Gehirn liefert.

In folgender Dissertation der  Universität St. Gallen findet man folgenden Teil, den ich hier mal zierte.
Die Quelle:
"Individuelles Verhalten in Entscheidungssequenzen:

Empirische Studien zur Wirkung von Emotionen und mentaler
Erschöpfung in Entscheidungssequenzen"
http://www1.unisg.ch/www/edis.nsf/SysLkpByIdentifier/3739/$FILE/dis3739.pdf

auf Seite 10 ff heißt es da:

Bei der Wahl zahlreicher Erzeugnisse durchlaufen die Kunden einen Entscheidungsprozess,
da sie nicht über das Produkt in seiner Gesamtheit entscheiden
(wie etwa bei einem Soft Drink), sondern dieses durch die sukzessive Auswahl
von Merkmalen und deren Ausprägungen konfigurieren (Mass Customization).
Beispielsweise muss ein Individuum bei der Wahl eines Pkw der Mittelklasse
ca. 60 Entscheidungen u. a. über die Motorisierung, die Außenfarbe, das Innenmaterial,
das Stereosystem oder die Felgen treffen, bis das Fahrzeug definiert
ist.
 Diese Arbeit zeigt, dass Personen im Rahmen dieser Konfigurationsprozesse in
Mass Customization-Systemen ermüden, und die Empfehlungen und Vorgaben
der Hersteller und Händler (Defaults) eine zentrale Bedeutung für die Entscheidungen
bezüglich der einzelnen Merkmale und Ausprägungen spielen.
Dabei wählen Individuen den Default dann besonders häufig, wenn schwierige
Entscheidungen zuerst zu treffen sind und die leichten später. Ist die Entscheidungssequenz
hingegen umgekehrt (leichte Entscheidungen zuerst und schwierige
später) ist das Interesse am Default geringer.
 Für die Hersteller und Händler ergeben sich konkrete Hinweise für die Gestaltung
von Entscheidungssequenzen in Mass Customization-Systemen etwa im
Hinblick auf die Reihenfolge der Präsentation von Merkmalen und Ausprägungen.
Der Wissenschaftler erhält einen Eindruck über die Bedeutung von
Defaults in Entscheidungsprozessen; zudem lassen sich Erkenntnisse über den
Prozess der Ermüdung von Entscheidern ableiten.

Im Fett markierten  Teil erkennt man schon, wie die Wechselwirkung ist.
Auch wie häufig man Entscheidungen in kurzer Zeit trifft, oder das der Umgang mit hoher Informationsflut uns erschöpft, wurde von Arbeitspsychologen schon sehr gut erforscht.
Ich zitiere daher mal kurz folgende Quelle:
 "Einführung in die Arbeitsphysiologie
Abschnitt: Psychonervale Belastung und Beanspruchung"
http://arbmed.med.uni-rostock.de/pdf/PsychBel.pdf
Auf Seite 2 Abschnitt:
"Hohe psychonervale Belastung und Beanspruchung ist insbes. zu erwarten"
steht dann folgendes.
bei Mißverhältnis zwischen Qualifikation und Aufgabe (nur zutreffend, wenn gleichzeitig eine hohe Motivation zur Leistungserfüllung
besteht)
• bei häufiger Frustration (="Bewußtwerden der Nutzlosigkeit zweckvoll erachteter Bemühungen")
• bei Zeitdruck, Taktgebundenheit (z.B. Fließbandarbeit, insbes. bei kurzen Taktzeiten)
• bei Informationsflut
• bei Entscheidungszwang unter Zeitnot
• bei subjektiv erlebtem Verantwortungsdruck (Verantwortung für Leben und Gesundheit von Menschen, Verantwortung für hohe
Sachwerte)
• bei subjektiv erlebtem Mobilitätsdruck (häufige, zu eigenen Wünschen im Widerspruch stehende Veränderung der Arbeitsinhalte
oder des Arbeitsortes)
• bei Arbeit unter subjektiv erlebter Gefahr (unabhängig davon, ob real vorhanden oder nicht)
• bei subjektiver Ablehnung der Arbeitsbediungen (unabhängig davon, inwieweit diese geltenden Regeln entsprechen)
• bei fehlender Motivation
• bei gestörten zwischenmenschlichen Beziehung (zu Mitarbeitern, zu Vorgesetzten; neuerdings z.B. „Mobbing“)
D.h das auch diese Faktoren unseren Akku entleeren, und damit dann Entscheidungsermüdung begünstigen.
All diese Faktoren können natürlich auch unsere Arbeitsproduktivität deutlich senken, und teilweise zu Burn-out und Depressionen führen.
Mobbing und Depression hatte ich ja gestern schon ausführlicher behandelt.
"Mobbing, Depression und Suizid - Warum Mobbing kein Kavaliersedelikt ist"
http://malkurznachgedacht.blogspot.de/2012/10/mobbing-depression-und-suzid-warum.html
eine Kurze Definition von Mobbing findet ihr ebenfalls auf Seite 2. der letzten Quelle:
 Mobbing
bezeichnet einen Prozeß der systematischen Ausgrenzung und Erniedrigung eines anderen Menschen, die von einer oder mehreren
Personen betrieben werden.
Diese feindseligen Handlungen geschehen mit einer gewissen Regelmäßigkeit, also mindestens einmal die Woche und über eine
bestimmte Dauer, d.h. mindestens ein halbes Jahr.

Aber das nur am Rande..
Was bedeutet eigentlich Entscheidungsermüdung für uns persönlich?
Wer einen Antrag wieder bewilligt bekommen will, sollte den Termin mit seinem Chef so legen, dass er im Defaultmodus ist. Also eher kurz vor Feierabend und kurz vor dem Mittag. Wir entscheiden dann nicht mehr wirklich, und greifen dann auf die Default variante zurück, was in dem Fall bedeuten dürfte, dass das Projekt weiter läuft. Statusquo.
Will man ein neues Projekt beantragen, sollte man darauf achten, dass der Entscheider ausgeschlafen und gestärkt ist. Oder man bietet ihm Süßes an, wie wir aus der ersten Quelle wissen.
In diesem Sinne ein frohes Entscheiden..


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